Ein violetter Engel für 21 Stutz

Nach vier Wochen auf dem Land hatte ich genug von Bergen, Gletschern und Seen und wollte etwas Kultur geniessen – Weinkultur um genau zu sein. Nach einem Servicestopp in Puerto Varas (Haarschnitt und saubere Wäsche für mich, eine Grundreinigung für meinen Nissan) war meine nächste grössere Station Santa Cruz im Valle Colchagua. Das ist neben den Regionen Maipo und Maule eine der grösseren Weinregionen von Chile. Es gäbe hier natürlich eine ganze Reihe verschiedener Weingüter zu besichtigen, ich habe mich wegen der Empfehlung von José und Mariela, den Betreibern meiner Unterkunft ‘Casa Pando’, dann aber entschieden, mich auf ‘Montes‘ zu beschränken. Das ist ein ziemlich modernes Weingut, welches in den 80-ern gegründet wurde und zahlreiche Spitzenweine hervorgebracht hat, u.a. den ‘Purple Angel’ – der war sogar mir ein Begriff. Angel, weil der Engel das Wappen der Montes ist und purple wohl wegen der violetten Farbe des Carmenères. Weil es einmal mehr keine anderen Touris hatte, habe ich eine Privattour durch das Weingut bekommen. Der Purple Angel hätte dabei eigentlich nicht zur Degustation gestanden, auf meine Nachfrage hin, haben sie die Flasche dann aber doch noch hervorgeholt – ein sehr leckeres Tröpfchen Pfefferwein. Die Flasche ist im Export in der Schweiz für ca. 50 Franken zu haben (Schubi), im angegliederten Weingutrestaurant für 21 Franken – pro Glas. Ein feines Essen mit dem Weinchen musste nach der Führung trotzdem noch sein. Man gönnt sich ja sonst nix…

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Ob die Guanacos zum Weingut gehören oder einfach geduldet werden, weiss ich nicht. Die vergeblichen Versuche der Arbeiter, sie mit den Lasso einzufangen, waren jedenfalls von viel Gegröle und Gelächter begleitet und um halbzwei war dann Mittagspause und die Viecher konnten in Ruhe weiter die übriggebliebenen Weintrauben abknabbern… denen hat der Carmenère wohl auch geschmeckt.

Parque Pumalín – Nochmals Gletscher und Vulkane

Bevor ich Puerto Montt und damit wieder die sogenannte zivilisierte Welt des urbanen Chile erreiche, wollte ich noch in einem letzten Nationalpark in Patagonien Halt machen. Der Parque Pumalín stand von Beginn weg auf meiner Liste: Er ist wie der zukünftige Parque Patagonia (siehe Winterwandern im Valle Chacabuco) ein privates Reservat der Tompkins Stiftung von Douglas und Kris Tompkins. Douglas Tompkins, der Gründer von ‘The North Face’ und ‘Esprit’, hatte irgendwann genug von der Bekleidungsindustrie, verkaufte Ende der 80er Jahre seine Unternehmen und widmete sich fortan dem Aufbau von Nationalparks in Chile und Argentinien. Er begann riesige Landflächen aufzukaufen, diese wo nötig zu renaturieren und in Reservate umzuwandeln. Nicht nur zur Freude der lokalen Bevölkerung: Wir Touristen kommen für ein paar Tage oder Wochen zu Besuch und erfreuen uns an der unberührten Natur aber von der Natur alleine wird man als hier lebender Chilene nicht satt… Insbesondere konservative Kreise kritisierten immer wieder, dass er mit den Parks die Entwicklung Chiles behindere. Zudem gingen durch Kauf grosse Gebiete Patagoniens in Privatbesitz über und der Amerikaner Tompkins stieg zum grössten privaten Landbesitzers Chiles auf (seine Stiftung besitzt insgesamt ca. 10’000 km² Land, das entspricht m. W. etwa einem Viertel der Schweiz…). Die Stiftung der Tompkins hat deshalb von Beginn weg die lokale Bevölkerung in Planung und Aufbau der Infrastruktur einbezogen und es ist vorgesehen, die Naturreservate nach deren Fertigstellung unter Auflagen an den Staat Chile zurückzugeben (in Argentinien wurde das bereits in der Vergangenheit mit Teilen des Perito Moreno Nationalparks so gemacht). Man kann durchaus geteilter Meinung zu dieser Privatinitiative und dem Sendungsbewusstsein der beiden Amerikaner sein; unbestritten ist aber, dass dadurch weite Landstriche unberührter Natur bis auf weiteres erhalten bleiben.

Im Parque Pumalín bin ich nochmals zwei Tage wandern gegangen: Einmal bis zum Ventisquero El Amarillo an Tag eins (naja, nicht ganz bis zum Gletscher, da war ein Fluss im Weg und wir wollten keine nassen Füsse riskieren…).

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Danach an Tag zwei hinauf auf den Volcán Chaitén. Dieser Vulkan war 2008 ausgebrochen und hatte damals die Stadt Chaitén und deren Umgebung verwüstet. Wie ihr auf den Photos sehen könnt, waren es wiederum traumhafte Landschaften und spektakuläre Aussichten. Und das alles bei fantastischem Sommerwetter – nicht nur in der Schweiz scheint die Sonne 😄!

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Baustelle ‘Carretera Austral’ – Alles für ein Chile mejor…

Leider erreiche ich nun schon bald das Ende meiner Reise entlang der Carretera Austral. Vorher wollte ich euch aber nochmals ein paar weitere Impressionen der Strasse präsentieren. Nördlich von Coyhaique hat’s auch noch ein paar ‘interessante’ Passagen, wie ihr den Photos entnehmen könnt. Insbesondere die Strecke zwischen Puerto Cinses und Puyuhuapi war eine Zumutung wegen der vielen Baustellen. Was heisst viele: Es war eine einzige 100 km lange Baustelle! Unten am Queulat-Pass bin ich zudem kurz nervös geworden: An die weissen ‘Use de cadenas’-Schilder habe ich mich bereits gewöhnt, die sind fest montiert und stehen auch im Hochsommer da. Aber hier hatte es zum ersten Mal mobile, orange Schilder mit der gleichen Aufschrift! Na, Schneeketten habe ich keine, dafür fabrikneue Sommerreifen und einen 4×4 – gilt das auch? Und dann hat’s auch noch immer stärker angefangen zu schneien, je weiter ich hochgefahren bin. ‘Wird schon klappen’, dachte ich und habe gas gegeben… Es wurde dann zwar etwas nervenaufreibend aber schlussendlich kein Problem. Trotzdem: In zwei Wochen wäre ich hier so wohl nicht mehr durchgekommen.

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Dem Ende der Strecke schaue ich mit einen lachenden und weinenden Auge entgegen: Einerseits sind die Landschaften immer noch wunderschön, ich liebe es in den winzigen Käffern entlang der Carretera zu übernachten und die Wanderungen in den Nationalparks sind der Hammer. Andererseits ist nun aber auch genug: Das Gerüttel geht mir inzwischen ganz schön auf die Nerven, der Rücken macht sich auch so langsam bemerkbar, den Spruch ‘Chile mejor’ können sie sich sonst wohin stecken und das Schild ‘Fin de Asfalto’ kann ich nun aber so was von definitiv nicht mehr sehen – irgendwann hört der Spass auf, baut endlich diese Strasse fertig 😡!

P. S.: Neben den bereits beim letzten Mal erwähnten ‘Lebewesen der Landstrasse’, die ab und zu den Weg blockieren, habe ich nun auch noch Schafe, Ziegen, einen einsamen Reiter, einen Reiter mit Schafherde und Hund, diverse Gauchos mit ihren Viehherden und seit gestern sogar einen tieffliegenden Vögelschwarm – kein Witz – auf meiner Liste. Und die vereinzelten verrücken Radfahrer, welche die 1200 km Schotter mit Muskelkraft bewältigen, könnte ich auch noch draufsetzen…

Puyuhuapi – Angefangen hat alles mit einem Buch

Das Dorf Puyuhuapi steht exemplarisch für viele kleine Orte in Patagonien mit dem Unterschied, dass seine Entstehungsgeschichte relativ gut dokumentiert ist. Puyuhuapi, wo ich in der Hosteria Alemana residiert habe, wurde 1935 von vier abenteuerlustigen Sudetendeutschen gegründet, die hierher ausgewandert sind. Inspiriert zur Auswanderung wurden sie durch ein Buch des Schweizers Hans Steffen, der die Anden erforscht und darüber geschrieben hat. Auswanderern wurde damals von der chilenischen Regierung in Patagonien gratis Land versprochen, wenn sie freiwillig hier unten siedeln. Heute ist Puyuhuapi ein Dorf mit ca. 540 Einwohnern aber damals war hier in dieser Bucht am Ende eines Fijords nichts ausser Wald. Begeistert von den Erzählungen von Hans Steffen haben sich die vier Deutschen mit ein paar Kisten voll Proviant, Werkzeugen und sonstiges Habseligkeiten hier absetzen lassen und erst mal mit Hilfe einer Handvoll in Chiloé angeheuerter Arbeiter begonnen, eine Hütte zu bauen und den Wald zu roden. Das grösste Problem war in den Anfangsjahren die Verbindung mit der Aussenwelt, denn die Selbstversorgung klappte mangels Erfahrung noch nicht richtig und das einzige, monatliche verkehrene Schiff zwischen Puerto Montt und Puerto Aysén ist am Puyuhuapi-Fijord einfach vorbeigefahren. So mussten die Deutschen, um nicht zu verhungern, jeweils auf’s Meer rausrundern und tagelang ausharren bis ein Versorgungsschiff vorbeikam, das sie anfangen konnten. Erst Jahre später wurde der Fijord ausgelotet und der Kahn hat danach jeweils routinemässig hier anlegt. Ausser auf dem Seeweg war das Dorf aber noch jahrzehntelang nicht zu erreichen bevor dann Ende der Siebzigerjahre die Carretera Austral gebaut wurde. Interessante Details: Das erste Haus der Siedler wurde mehrfach überschwemmt weil sie es zu nahe am Ufer gebaut hatten, das zweite ist abgebrannt, ein Erbeben hat weitere zerstört, seit den Vierzigern haben sie Elektrizität mit einem eigenen Wasserrad produziert bis Jahrzehnte später dann der Anschluss an das allgemeine Stromnetz realisiert wurde, in den Fünfzigern kam eine Funkstation hinzu, eine Schule gibt’s seit den Sechzigern, ein (!) erstes Telefon wurde im Dorf 1988 installiert, Fernsehen kam in den Neunzigern und Internet erst im Jahr 2008. Die ganze Geschichte des Dorfes wurde von Luisa Ludwig, der Tochter eines der ersten Siedler, im Buch ‘Curanto y Kuchen’ dokumentiert und die Entwicklung von den primitiven Anfängen bis in die Neuzeit wird darin super spannend anhand von Interviews mit den ersten Siedlern bzw. deren Nachkommen beschrieben. Ich kannte die Geschichte in groben Zügen bereits aus dem Reiseführer und habe die deutsche Ausgabe des Buches an einem regnerischen Nachmittag in der Hosteria, welche ebenfalls von Nachkommen der ersten Siedler betrieben wird, richtiggehend verschlungen – einen Meter neben dem einzigen Ofen im Haus während es draussen geschüttet hat.

P. S.: Natürlich waren damals in den 30ern die meisten dieser Siedler Nazi-Sympathisanten was im Buch auch gar nicht verschwiegen wird (und im Bücherregal der Hosteria hatte es eine erschreckend grosse Anzahl Bücher über den zweiten Weltkrieg…). Aber heute besteht die Bevölkerung von Puyuhuapi neben einigen Nachkommen der ersten Deutschen vor allem aus den Kindern der damals in Chiloé angeheuerten Arbeiter.

Ein ¡Salud! auf die Cervezas Artesanales

Wie mir scheint ist die Carretera nicht nur eine Teststrecke für Stossdämpfer und ein Live-Kino für die schönsten Landschaften Patagoniens sondern auch eine eigentliche ‘Bierstrasse’. Zum Weindegustieren geht man besser ins schicke Valle Colchagua in Mittelchile. Aber wenn’s um eine Cerveza Artesanal geht, ist man hier unten genau richtig. Jedes Kaff entlang der Ruta 7 scheint sein eigenes Bier zu brauen: Tropera gibt’s in Coyhaique, Finisterra in Puerto Cisnes, Hopperdietzel in Puyuhuapi usw. Und dann jedes mal als Blondes, Ale oder Dunkles. Da kommt einiges zusammen, wenn man alle einmal probiert haben will… Vielleicht liegt das an den zahlreichen deutschen Auswanderern im letzten Jahrhundert: Neben Kuchen scheinen sie auch das deutsche Reinheitsgebot mit nach Chile gebracht zu haben…

KevinSole
Tropera-Runde mit mir, Kevin, Sole und Amigos im Mama Gaucha in Coyhaique. Angefangen haben wir mit ein paar 7.6%er, später ‘musste’ ich natürlich auch noch das 9.1%er probieren. Und irgendwie habe ich dann am Morgen auch noch nach Hause gefunden…
Kennt ihr übrigens den ,Mojito Jagger’ oder auch ‘Jaggerjito’? Ein Mochito gemixt mit Jägermeister. War mir nicht bekannt, scheint hier aber im Moment ziemlich angesagt zu sein… ‘Piscola’ ist hingegen fast schon Standard: Pisco gemischt mit Cola – Baaaoh, ich bevorzuge die Sour-Variante, aber probieren musste ich mal. So, genug zum Thema Alkohol, ab jetzt gibt’s nur noch seriöse Berichte von anstrengenden Trekkingtouren 😉.

Zum Thema Heizung

Eines war mir schon vor der Reise klar: In Patagonien sind die Temperaturen im allgemeinen eher tief. Das wusste ich vom letzten Mal. Und wenn ich’s warm und schwül gewollt hätte, wäre ich in die Karibik gegangen. Wollte ich nicht, denn mir behagt eher das nordische, kühle Klima. Aber jetzt ist hier unten nicht mehr Sommer wie bei meiner Reise im Jahr 2013 sondern Ende Herbst bzw. Anfang Winter und es wird Nachts richtig kalt. Und das mit dem Heizen haben sie leider definitiv nicht im Griff, die Chilenen. Zentralheizung? Klar, gibt’s nicht. Ein Elektro-Öfeli im Zimmer? Fehlanzeige. Wenigsten eine gute Isolation? Denkste, alles Holzhütten mit Einfachverglasung. Das einzige, was es hier gibt, sind Holzöfen. Und zwar EINEN pro Haus. Der steht dann wie zu Grossmutters Zeiten im Aufenthaltsraum des Hostels, der Hospedaje oder des Hotels. Und dort, im Umkreis von 3 Metern um diesen Ofen herum, ist es dann warm… Und auf den Zimmern? Kalt, kälter, am kältesten – ihr könnt es euch aussuchen! Das gleiche im Restaurant: Man sollte es nicht für möglich halten aber die Leute (auch die Chilenen) sitzen hier an vielen Orten in der Daunenjacke in der Beiz. In Santiago oder den anderen Grosstädten weiter in Norden ist das natürlich alles anders aber hier unten wird grösstenteils noch mit Holz geheizt. Was dann in Städten wie Coyhaique mit seinen ca. 60’000 Einwohnern im Winter – kaum zu glauben – zu Smog-Problemen führt.
Mittlerweile ist mein Hauptkriterium bei der Unterkunftswahl nicht mehr die Internet-Verbindung oder das TV auf dem Zimmer (haben alle standardmässig) sondern die Heizung. Hier in Puerto Cisnes habe ich mich gefreut wie ein Kleinkind an Ostern und Weihnachten zusammen: Auf meinem Zimmer hatte es ausnahmsweise mal einen Elektro-Ofen und die Hostelbetreiberin hat mir stolz erklärt, ich solle nur einschalten, wenn ich kalt hätte. Hatte ich, kaum war die Sonne untergegangen, also hier im Moment so um 17:30 Uhr. Kein Problem: Ofen einschalten und auf 26 Grädchen einstellen! Das ging dann etwa 20 Minuten lang gut. Dann wurde es in der ganzen Hütte dunkel. Schritte, Geraschel und Gefluche und eine Minute später ging das Licht wieder an. Ich übertreibe ja ab und zu aber jetzt nicht: Das Spiel hat sich dreimal wiederholt! Danach habe ich mich im Interesse der anderen Gäste dazu entschlossen, meinen Ofen abzuschalten… Ich tippe diesen Text hier im Aufenthaltsraum des Hostels, einen Meter neben dem einzigen Holzofen des Hauses. In mein Zimmer hinauf gehe ich erst wieder zum Schlafen. Und bis dann gibt’s noch das eine oder andere Bierchen. Das mit dem Bierbrauen haben sie nämlich super drauf, die Chilenen. Davon dann ein anderes Mal mehr. Proscht!

Holzofen
Der einzige Ofen des Hauses…

Touristen gesucht für Gletschertrekking

Um diese Jahreszeit in Patagonien eine organisierte Tour zu buchen, ist gar nicht so einfach. Die wenigen Anbieter, welche noch geöffnet haben, verlangen meist mindestens drei Personen, damit die Tour überhaupt durchgeführt wird. Aber Touristen sind im Moment hier echt Mangelware. Meine Hostelbetreiberin in Cochrane hat es so ausgedrückt: Im Winter seien ohnehin nur noch Locos unterwegs. Ich habe das mal als Kompliment aufgefasst! Aber das half mir natürlich nicht weiter denn für eine Gletschertour im Laguna San Rafael Nationalpark war in Puerto Rio Tranquilo einfach niemand aufzutreiben. Das gleiche Problem hatte ich auch schon bei meinen Stopp hier auf dem Weg in den Süden: Es hat einfach keine Touristen, wenn man mal welche braucht! So habe ich dann irgendwann aufgegeben und halt eine Böötlitour zu den Marmorhöhlen (Capillas de Marmol) gebucht – Suuuper 😴 Dafür war aber immerhin eine (!) zusätzliche Person zu finden und der Veranstalter hat eingewilligt, am nächsten Tag auch mit zweien rauszufahren. Damit hätte er wohl mindestens das Benzingeld wieder drin gehabt und irgendetwas wollte er wohl den lieben langen Tag hindurch auch unternehmen – ich vermute dem auch war langweilig vom Warten auf die Touristen… Nachdem ich diese Tour dann gebucht hatte, wurde ich zurück im Hostel gleich von einem verzweifelten Paar aus Santiago angesprochen, das unbedingt noch eine dritte Person für ein Gletschertrekking brauchte – das Problem kam mir irgendwie bekannt vor…😄 Weil ich unbedingt auf diesen Exploradores Gletscher wollte, lies ich mich von Kevin und Sole dann relativ rasch überzeugen. Naja, und so hatte ich dann schlussendlich zwei Touren gleichzeitig gebucht (und bezahlt) gehabt, habe die Bootstour sausen lassen und mich stattdessen der Gletschertruppe angeschlossen. Man gönnt sich ja sonst nix. Die Gletschertour war den Preis dann aber auch definitiv wert: Wir sind nicht nur über den Gletscher gewandert sondern auch in Eishöhlen hinunter geklettert, durch Eiskanäle gerobbt und in Tunneln herumgekraxelt. Genial!

La Caza del Coche de los Köteres

Ich kann mich an der Landschaft Patagoniens kaum sattsehen. Aber ich denke für euch Daheimgebliebene wird es schnell langweilig: Noch ein Seeli, wieder ein Berg, die nächste grüne Matte vor blauem Himmel und dann das zehnte Foto einer Landstrasse mit – eben – wieder einem See und Hügel dahinter oder noch schlimmer einem Selfi von mir davor. Zur Abwechslung deshalb immer wieder einmal ein paar Dinge, die mir sonst so unter die Augen kommen. Heute zum Thema Hundeli:

Hundeli
Caza del coche…

Ich habe bereits über die Köteres berichtet. Ein chilenischer Nationalsport der hiesigen Hunde scheint die ‘caza del coche’ (oder Autojagd) zu sein. Das geht dann so: Die Hundegang wartet gelangweilt und anscheinend uninteressiert an der Umgebung auf dem Gehsteig. Sobald nun ein Zweibeiner in seiner Kutsche vorbefährt, wird losgerannt, gekläfft was das Zeug hält und das Auto aus nächster Nähe zu beiden Seiten hin verfolgt. Ganz Wagemutige laufen sogar bellend im Rückwärtsgang (!) vor dem Wagen her. Diese Jagd geht dann meist nicht nur zehn Meter weit sondern dauert ein, zwei Strassenzüge lang an. Dass alles nicht ganz so ernst gemeint ist, sieht man daran, dass zwischendurch einem der Köteres ein Schwanzwedler rausrutscht. Ich habe das Spiel bereits mehrfach beobachtet. Und ich wurde selbst auch schon mehr als einmal Opfer davon. Dabei bin ich vor Schreck beim ersten Mal fast in eine Verkehrsinsel gefahren – nicht weil ich Angst vor den Hunden gehabt hätte aber wenn ich einen der Vierbeiner überfahre, dann ist’s wieder der Ausländer gewesen, der nicht autofahren kann…

Los Pumas de la Reserva Nacional Tamango

Dass es in Patagonien und speziell in dieser Gegend hier Pumas gibt, wusste ich bereits. Aber in der Schweiz gibt’s auch Bären und trotzdem geht die halbe Bevölkerung am Wochenende zum Wandern in die Berge. Ich habe das deshalb nicht allzu ernst genommen. Bis mein Hotelbetreiber in Cochrane mir am Morgen vor meiner nächsten Wanderung lachend erzählt hat, er habe vor ein paar Wochen selbst einen Grossen gesehen. Naja, der Mann ist passionierter Fischer, die übertreiben immer… Zur Sicherheit habe ich am Eingang zum Nationalpark dann doch noch den Ranger zu den Pumas befragt: Der meinte, ich solle mich einfach gross machen und ja nicht absecklen, wenn ich einem begegne. Aber ich müsste schon ‘Suerte’ haben, wenn ich einen träfe. Ich hab’s nachgeschlagen: Suerte heisst tatsächlich Glück… Scherzkecks. Naja, Pech hätte vielleicht etwas zu pessimistisch geklungen. Wenn man in einer Gruppe unterwegs ist, dann ist das ja kein Problem aber in einer 1:1 Situation mit einem Puma zieht selbst so ein Huemul den Kürzeren und die sind grösser und können schneller rennen als ich… Ich habe dann halt darauf vertraut, dass die Mietzekatzen gleich entspannt drauf sind wie die Hunde hier und bin bewaffnet mit einem Riesenwanderstab losmarschiert. Einen Puma habe ich schliesslich keinen gesehen dafür wurde es wiederum eine schöne Tour bei Bilderbuch-Wetter.

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Epilog: Als ich von meiner Wanderung zurück bei der Nationalpark-Information war, hat mir der Parkwächter gesagt, dass gerade vorhin in der Nähe ein Puma gesichtet worden sei und ob ich denn nicht auch so ein Kätzchen gesehen hätte – und das war kein Scherz!!!

Winterwandern im Valle Chacabuco

Und weiter geht’s mit den Nationalparks entlang der Carretera. Das Valle Chacabuco und die ganze Region darum herum ist ein privater Park namens Parque Patagonia und eine der letzten Rückzugsgebiete des Huemul (schickt mir Audiodateien – ich vergebe einen Preis für den originellesten Vorschlag zur Aussprache…). Das H ist so etwas wie der patagonische Hirsch und kann hier theoretisch häufig beobachtet werden. Ich habe allerdings noch keins gesehen. Das hier auf meinen Bildern sind ‘nur’ Guanacos – auch süss aber halt nicht der Patagonienhirsch.
Im Valle Chacabuco bin ich wieder auf eine Tageswanderung. Zugegeben, es war nicht der schönste Tag. Aber dass es anfängt zu schneien, kaum bin ich über 800 MüM geklettert, hätte ich nun doch nicht erwartet. Aus der Herbstwanderung wurde so also die erste Winterwanderung meiner Reise. Einige mehr werden wohl folgen… Ich bin jedenfalls ausgerüstet.

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